Gummitwist

Heute Vormittag rief mich Sternchen’s Mutter an: Sie hatte einen Termin nach Feierabend, würde es deshalb nicht schaffen, Sternchen von der Schule abzuholen. Ob ich das übernehmen könne?! Dann mit Sternchen ein bißchen draußen spielen, bis Mama nach Hause kommt: Das Wetter ist ja so schön.

Konnte ich.

So plötzlich ein Kind an die Hand: Vorher war da ja noch nie eins! So gleich in die Vollen… Soviel Vertrauen!

Draußen spielen. Was? Ich hab‘ hier doch kein Spielzeug… also für Katzen ja. Aber für Kinder? Was tun?

„Kinderspiele“  gegoogelt. Waren durchaus einige anregende Suchergebnisse dabei, aber nichts, was ich aktuell hätte verwenden können. Gedächtnisschubladen aufgezogen: Ich war ja auch mal Kind. In einer Schublade gefunden: ein Gummiband. Hier eine Schublade aufgezogen, Gummiband herausgeholt und in meine Handtasche gesteckt. Zur Schule gestiefelt, mich dort allen als Sternchens Betreuerin vorgestellt… Sternchen abgeholt und:

Wir hatten einen wunderschönen Nachmittag zusammen! Haben Bucheckern gesammelt, waren auf dem Spielplatz, haben Nachbar’s Katze gestreichelt. Und Gummitwist gespielt.

Als Sternchens Mutter heimkam, sprang sie mit uns „Gummitwist“.

Und als ich ging, nahm mich das Kind in den Arm und kuschelte und hielt mich fest. „Heute ist nicht alle Tage: ich komm‘ wieder, keine Frage!“, verabschiedete ich mich, gab der Kleinen noch einen Kuß.

So schnell! So sehr! Das berührt mich, freut mich sehr.

 

Der Hintergrund ist tief.

Sternchen hat vor (ich weiß nicht genau wann) einiger Zeit ihren Bruder verloren. „Mein Bruder ist tot!“, sagt sie oft. Deshalb ist sie wohl auch in Therapie bei der Kinderpsychologin: Die kenne ich wiederum, weil ich ihre demente alte Mutter betreue (siehe vorherige Artikel), und die Psychologin vermittelte mir auch diese Stelle als Betreuerin von Sternchen. Zufall, daß ich Sternchens Mutter schon etwas kannte: Sie ist die Kusine einer früheren Kollegin von mir?!

Zufall, daß auch mein Bruder tot ist (Robert starb an Krebs, als ich ein Baby war.)?!

Zufall, daß Sternchen, ebenso wie ich, eine große Schwester hat; ebenso wie meine Schwester fast 10 Jahre älter?!

Zufall?

Ich hab‘ noch nie an Zufälle geglaubt. Eher so an den großen Plan.

Aber was soll das? Was will das Leben jetzt von mir?

(Ich glaube: ich habe eine Aufgabe zu erfüllen?!).

Spannend. Schön. Gummitwist!

 

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1 Antwort zu Gummitwist

  1. Kätzerin sagt:

    Siehst Du, so wirft Dir das Schicksal ein kleines Mädchen zu, es fällt Dir zu, und noch dazu mit großer Bedeutsamkeit. Sind wir also schon drei, die ihren Bruder verloren haben, und grad vorhin noch jammerte ich lautlos in mich hinein: „Mein Mädel, aaach, mein Mädel.“ Es ist alles sehr schwer zu verkraften. 🙁
    Jetzt wünsch ich Dir aber noch ein sonniges, spätsommerliches Wochenende, erhol Dich schön und sei mir von Herzen lieb gegrüßt, Deine edith. 🙂

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